Die aventurischen Nachrichten des Adels-Breviers von Marc Völker findet man auf diesen Seiten. Wer hier aventurische Mitteilungen versenden möchte, sollte sich direkt an Marc Völker wenden.
Adels-Brevier 99:
Aus den freien Landen - Interview mit Solana von Wolfenthal:
Durch einen glücklichen Zufall gelang es unserem Nordbornland-Korrespondenten
Gerwin Nöckel, die Herrin der nordwestlichsten Burg des Bornlandes,
Solana von Wolfenthal, bei einem ihrer Besuche in Norburg zu einem Interview
zu gewinnen.
Adelsbrevier: Euer Wohlgeboren, wie geht es Euch und Eurer Familie?
Solana von Wolfenthal: Wir dürfen angesichts der Umstände
wohl zufrieden sein. Unsere Grundeinrichtung ist inzwischen vervollständigt,
alle Räume sind bewohnbar, und die Verwaltung verläuft in geordneten
Bahnen.
AB: Welche Umstände sprecht Ihr an?
SvW: Nun, zum ersten ist mein Mann ständig auf Reisen. Wir
hätten gehofft, nach der Schlacht an der Trollpforte wäre im
Süden irgendwann Ruhe eingekehrt, aber keineswegs! Und er kann sich
den Verpflichtungen dort nicht einfach entziehen. Zum zweiten wächst
der Druck von Norden - Ihr wißt schon, das Eisreich -
AB: Ist die Grenze schon so nahe herangerückt?
SvW: Nein, nicht direkt, obwohl man mit Übergriffen des Eisigen
Jägers auch bis zu uns rechnen muß. Aber es findet natürlich
eine Verdrängung statt, und wir müssen uns gegen allerlei Gesindel
aus dem Norden wehren. Dazu kommen die Flüchtlinge, denen wir natürlich
nach Kräften helfen.
AB: Das beansprucht Euch sicher stark.
SvW: Es ist eine Strapaze. Jede Woche schicken wir eine Patrouille
bornaufwärts, um wenigstens das Flußtal unter Kontrolle zu halten,
obwohl es gar nicht mehr zu unserem Lehen gehört.
AB: Zu wem gehört es?
SvW: Theoretisch könnte der Graf von Ask es wohl beanspruchen.
Ich glaube aber, es ist praktisch eher Niemandsland.
AB: Warum seid Ihr dann daran so interessiert?
SvW: Erstens wollen wir es nicht den Orks überlassen -
AB: Verständlich!
SvW: - zweitens ist es uns lieber, streitlustiges Pack, Plünderer
oder auch Kreaturen des Gegners jenseits unserer Haustür abzufangen.
Am besten noch bevor sie überhaupt den Zugang zu unserem Tal entdecken.
AB: Es ist also eine sehr göttergefällige Aufgabe, die
Ihr Euch gestellt habt...
SvW: Wir bemühen uns um traviagefällige Gastfreundschaft
ebenso wie um rondragefälligen Widerstand gegen die Feinde alles Lebens.
Trotzdem fällt es uns schwer.
AB: Was belastet Euch am meisten?
SvW: Wir haben nicht genug Soldaten für ein so großes
Gebiet. Die Rekrutierung aus unserem Lehen ist kaum praktikabel.
AB: Inwiefern?
SvW: Wir haben ein paar Holzfäller, ein paar Nivesen, ein paar
Zwerge. Deren Nachwuchs hat gut zu tun, und wir sind natürlich an
den Erzeugnissen ihrer Arbeit interessiert. So bleiben nur wenige Jugendliche,
die wir akzeptieren - entweder, weil sie für den Umgang mit Waffen
besonders begabt sind, oder weil sie sich für die Feld- oder Waldarbeit
nicht eignen. Die restlichen Lücken in unseren Reihen müssen
wir mit Freien aus anderen Regionen füllen.
AB: Söldner also?
SvW: Man könnte es so nennen, obwohl wir versuchen, sie in
unsere große Familie aufzunehmen. Durch die abgeschiedene Lage gibt
es auch keine Alternative: wer nicht zu uns paßt, wird sich dort
auf Dauer nicht wohlfühlen.
AB: Es gibt durchaus historisch begründete Vorbehalte gegen
Söldner im Bornland.
SvW: Ich hörte davon. Ich habe auch ein gewisses Verständnis
dafür, und ich möchte betonen, daß wir für den gewissen
Typ Söldner keinen Platz haben.
AB: Welchen "gewissen Typ"?
SvW: Den typischen "heute hier, morgen dort"-Söldner, dessen
Loyalität nur seiner Geldkatze gehört, der seine Freizeit mit
Saufen, Huren und Spielen verbringt, werden Sie bei uns nicht finden.
AB: Wie sieht Ihr Idealtyp dann aus?
SvW: Oha, das ist eine Frage! Nein, ich glaube nicht, daß
ich einen Idealtyp nennen kann. Zuverlässigkeit, Loyalität, Mut,
göttergefälliges Auftreten gehören sicher ebenso dazu wie
Ausdauer und Talent im Umgang mit Waffen und Pferden, aber das ist nicht
alles.
AB: Könnt Ihr es an Beispielen festmachen?
SvW: Schon eher. Da wäre das Bild des rondragefälligen,
ehrenhaften Kriegers, Beschützer der Schwachen, unerschrocken im Angesicht
des Gegners, stolz und erfahren -
AB: Wie Euer Gatte?
SvW: Ja, stimmt. Dieses Bild hatte ich vor Augen.
AB: Diese Erfahrung hat ihren Preis.
SvW: Und ist kaum noch in eine junge, im Aufbau begriffene Truppe
zu integrieren. Nein, junge Leute mit entsprechenden Ansätzen, die
sich eines Tages zu einem solchen Streiter entwickeln, kommen unserem Bedarf
wohl näher. Obwohl wir immer noch einen Burggeweihten suchen.
AB: Der der Rondrakirche angehören sollte?
SvW: Unbedingt. Immerhin wurde die Burg einst quasi als Rondratempel
erbaut.
AB: Ist der rondragefällige Krieger Euer einziges Idealbild?
SvW: Nein. Ich denke auch an Streiter, besonders für unsere
Patrouillen, die eher dem Phex zuneigen, sich dem Gegner unerkannt nähern
und zum Bericht zurückkehren, ohne bemerkt worden zu sein.
AB: Und was für Tugenden verbinden Sie mit diesem Bild noch?
SvW: Für mich gehört dazu auch das ehrliche Geschäft:
wir bilden diese Leute solide und gründlich aus, stellen Waffen und
Pferd, Essen und Unterbringung, bieten eine feste Anstellung. Dafür
erwarten wir Vertragstreue - die phexische Interpretation von Loyalität,
würde ich sagen - und die Bewahrung von Auftraggebergeheimnissen nach
Vertragsende.
AB: Geheimnisse?
SvW: Es gehört sich eben nicht, drei Tage nach Dienstende herumzuerzählen,
wann der Kamerad Dienst hat, der immer bei seiner Wache einschläft
- nein, so etwas kommt bei unseren Leuten natürlich nicht vor.
AB: Ich verstehe, was Ihr sagen wollt. In diesem Spektrum bewegen
sich also Eure Vorstellungen?
SvW: Genau. Der durchschnittliche Rekrut wird sicher irgendwo dazwischen
einzustufen sein.
AB: Wie sieht denn das Ausbildungsziel aus? Die klassische bornische
Reiterei? Landwehr?
SvW: Nein. Abgesehen davon, daß die Panzerreiterei wohl doch
eher als Privileg des Adels angesehen wird, ist diese Ausrüstung für
unsere Gegend ungeeignet. Das Ziel geht eher in Richtung Leichte Kavallerie
oder berittene Schützen, allerdings sind auch die tulamidischen Lanzenreiter
ein denkbares Vorbild.
AB: Das ist eher unkonventionell.
SvW: Mein Gemahl trägt selbst nur selten die Gestechrüstung.
Ich denke, daß die Flexibilität berittener Bogenschützen
unterschätzt wird. Die leichte Reiterlanze ist vor allem gegen Infanterie
nützlich. Das mußten schon einige Orkbanditen im Tal feststellen.
AB: Ihr setzt vor allem auf Kavallerie?
SvW: Nun, für die Patrouillen, die jeden Tag lange Strecken
zurücklegen müssen, haben wir keine Wahl. Unsere Pferde sind
natürlich für den Einsatz in den Bergen besonders ausgebildet,
und für schwere Tralloper haben wir da keine Verwendung. Stattdessen
verwenden wir im Einzelfall auch Ponys, die sind trittsicherer.
AB: Verstehe.
SvW: Aber wir haben nicht nur Verwendung für Reiter. Abgesehen
von den Leuten, die in der Burg selbst für die Wache eingesetzt werden,
bilden wir auch Gebirgsjäger aus.
AB: Was meint Ihr damit?
SvW: So bezeichnen wir Fußtruppen, die auch mit Seil und Haken
klettern können und so auch dort weiterkommen, wo andere schon längst
aufgeben mußten. Auch da sind wieder einige Schützen dabei.
AB: Ist das nicht schwer, am Seil den Bogen zu spannen?
SvW: Dafür gibt es schließlich Armbrüste.
AB: Wie vereinen Sie das mit der rondrianischen Tradition Ihrer
Burg?
SvW: Das ist Anlaß für häufigen Disput. In meiner
Heimat -
AB: Für unsere Leser: im Lieblichen Feld.
SvW: Genau. In meiner Heimat hat man weniger Vorbehalte gegen kleine
Torsionswaffen und Ähnliches, und ich würde uns nicht als zwölfgötterfeindlich
einstufen.
AB: Obwohl die Rondrakirche dort nicht so einflußreich ist.
SvW: Glauben Sie! Nun ja. Für Strenggläubige scheint die
Armbrust jedenfalls ein Problem zu sein, weshalb einige - auch mein Gatte
- sie am liebsten aus der Burg verbannen würden. Aber andererseits
müssen wir in der Lage sein, die Burg auch gegen Belagerer mit schwererem
Gerät oder gegen fliegende Gegner zu verteidigen, die sich einen Dreck
um unseren Glauben scheren. Wie schon gesagt, fehlt uns in unserem Heim
noch die theologische Unterweisung in diesen Fragen.
AB: Wie löst Ihr diesen Konflikt?
SvW: Wir lehren unsere Soldaten den Unterschied zwischen einer Belagerung,
einer Feldschlacht und dem rondragefälligen Zweikampf. Oder anders
ausgedrückt: gegen wilde Tiere, gegen Belagerungsmaschinen oder gegen
andere Armbrustschützen und natürlich gegen Luftangriffe sehen
wir den Einsatz als vertretbar an. Und noch eins: unseren Zwergen können
wir diese Waffen kaum abnehmen.
AB: Wer könnte einem Zwerg schon etwas ausreden?
SvW: Ja, genau!
AB: Gebt unseren Lesern einen Eindruck Eures Lehens: Welche
Freizeitqualitäten könntet Ihr einem Rekruten bieten?
SvW: Freizeitqualitäten?
AB: Nun, Sport und Spiel?
SvW: Oh. Wer Freude an der Bewegung hat, wird bei uns nicht
zu kurz kommen. Reiten, Fechten, Laufen, Springen, Bogenschießen
oder Ringen stehen ganz oben auf dem Programm. Versteckspiel mit Orks in
den umliegenden Wäldern oder Wettkämpfe mit unseren zwergischen
und nivesischen Freunden sind auch gern gesehen. Auch rahjagefällige
Leibesertüchtigung ist bei unseren Rekruten und Rekrutinnen beliebt.
Und natürlich Klettern mit und ohne Seil.
AB: Jagdsport?
SvW: Auf Patrouille ja, in unseren Wäldern nein. Die Jagdbeute
dort gehört den Wölfen.
AB: Ach so. Ich glaube, darüber unterhielten wir uns schon
einmal?
SvW: Wir haben eine besondere Übereinkunft mit den Wölfen.
Sie lassen uns in Ruhe, wir lassen sie und ihr Jagdrevier in Ruhe - abgesehen
davon, daß wir es orkfrei halten wollen.
AB: Wie sieht es sonst mit dem leiblichen Wohl aus?
SvW: Wir haben einen sehr guten Koch, abwechslungsreiche Küche,
ab und zu ein nivesisches Grillfest oder ein Fackelschein-Essen bei den
Zwergen, dazu zwergisches Bier und ein wenig Wein sowie bergfrisches Quellwasser
oder aromatische Ziegenmilch.
AB: Das klingt hervorragend.
SvW: Ich möchte dennoch klarstellen, daß das Wolfental
nicht gerade ein aufstrebendes Erholungsziel ist. Und im Winter ist es
richtig kalt.
AB: Das sind wir hier gewöhnt.
SvW: Ja, obwohl es für mich auch schon eine harte Umstellung
war. Die Burg selbst wird natürlich geheizt, aber wer draußen
Wache schieben muß, wenn Firuns Atem pfeift...
AB: Gab es schon einmal Probleme?
SvW: Einen Bewerber aus dem tulamidischen haben wir letzten Ingerimm
verloren - er hat schon in Festum kehrtgemacht. Aus dem Süden kommen
aber ohnehin nicht viele zu uns.
AB: Was vermißt Ihr am meisten gegenüber Eurer Heimat?
Das Klima?
SvW: Meine Heimat ist jetzt hier.
AB: Oh, verzeiht!
SvW: Doch zu Eurer Frage: nein, von ein paar besonders grimmigen
Tagen im Jahr abgesehen, komme ich mit dem Klima gut zurecht. Im Gegenteil:
Die große Distanz zu Mengbilla und Drôl mag der Gesundheit
sogar förderlich sein.
AB: Inwiefern das?
SvW: Ihr scheint Euch in liebfeldischer Innenpolitik - nennen wir
es beim Wort: Ränke- und Intrigenspiel - nicht besonders auszukennen,
sonst würdet Ihr nicht fragen. Ich möchte die Antwort umkehren:
was ich gegenüber meinem Herkunftsland über alles schätze,
ist die Offenheit und Ehrlichkeit der Leute. Von ganz wenigen Ausnahmen
abgesehen - die ich hier nicht nennen werde - ist es äußerst
erfrischend, sich mit unseren Nachbarn hier in Norburg und Ask zu unterhalten.
AB: Und wie ist es mit der Kultur?
SvW: Erwarten Sie von mir einen Vergleich? Also gut: manche meiner
früheren Landsleute behaupten, der Osten sei "Barbarenland", fern
jeder Zivilisation und Kultur. Diese Leute haben keine Ahnung. Gut, seltener
findet ein Barde seinen Weg auf unsere Burg, und für einen Gauklerzug
lohnt der Weg kaum. Doch auch unsere Leute im Tal pflegen ihr Brauchtum
und sind Neuem gegenüber aufgeschlossen, ja geradezu begierig darauf.
Und es ist nicht so gekünstelt wie im Lieblichen Feld.
AB: Dann -
SvW: Entschuldigt. Ich habe unseren Zwergen vom Rollenden Donner
erzählt. Ihr habt sicher davon gehört?
AB: Sicher. Wer kennt die nicht?
SvW: Die Idee ist eingeschlagen wie der Blitz. Sie üben jetzt
gemeinsam mit nivesischen Flötenspielern und einigen Fiedlern aus
der Holzfällersiedlung. Da wird noch etwas draus!
AB: Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Ich bin geradezu
neugierig.
SvW: Kommt doch einfach mit, wenn ich nächste Woche heimreite,
und hört es Euch an.
AB: Das werde ich gerne tun. Euer Wohlgeboren, ich danke Euch
für dieses Gespräch.
Aventurischer Humor - Wendung der Woche:
An dieser Stelle finden sich unterhaltsame Anekdoten und Witze
aus Aventurien, sowie amuesante Sprueche aus Rollenspielrunden.
Um Mitarbeit wird ausdruecklich gebeten. Entsprechendes Material
bitte an adelsbrevier@phantastiknet.de.
Ein Moha, ein Maraskaner und ein Mittelreicher stehen nervös und
zappelnd vor dem Haus einer Geburtshelferin. Diese, eine bereits ältere
Frau mit wehenden weissen Haaren, kommt auf einmal in Panik hinausgerannt
zu den werdenden Vätern. "Bei Tsa und den Göttern, se miass´ma
höfn, i hob de Kinderle vertoscht. Se kennen do ihra Verwondten, da
miass ja irgendah Ähnlichkeit dosei. Bitte, schaun sa se die klanan
do moi oh." Der Maraskaner
läuft wie ein Luftdschinn hinein, sieht sich kurz um und rennt
dann sofort zu einem kleinem, süßem, milchschokoladig braunem
Bündel mit leichtem Bronzeschimmer. Ganz verzückt: "Mein Sohn!"
Der Moha bleibt erst verwundert stehen und kratzt sich am Kopf, geht dann
zu dem Maraskaner: "Ich meinen, vielleicht ist bleiche Haut ja farbenblind,
aber er nicht glauben, dass das Kind von Kämpft-allein-gegen-Mutter-von-Ehefrau?"
"Ja, Bruder....glaubst i brauch an Garethja?"
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